Ahrntal

Ahrntaler Brauchtum

Das Ahrntaler Brauchtum begleitet vielfach auch heute noch Leben und Schaffen der Menschen. Wenn auch einiges bereits vergessen ist, so gibt es doch noch viele Bräuche, die trotz aller Hektik tief im Volk verwurzelt sind.

Zu Allerheiligen prahlen die Buben und Mädchen mit ihren "Rössern" und "Hennen" (= süßes Backwerk), die sie von den Paten erhalten. Früher war dies ein größeres Ereignis als heute; waren doch diese Gebilde aus Weißmehl.

Im Ahrntal hat man das "Pitschelesingen" noch als ernsthaften Brauch vor. In den Abenden der Seelentage (ab Allerheiligen - 9 Tage) ziehen verhüllte und durch Larven unkenntlich gemachte Gestalten von Bauernhof zu Bauernhof, voran der Korbträger. Sie singen zuerst ein Allerseelenlied und bitten damit für die Armen. Nach diesem monotonen Gesang geben die Sänger noch ein weltliches Lied zum besten; sie erhalten dann vom Bauern das herrlich schmeckende, selbstgemachte Brot.

Früher wie heute noch freuen sich die Kinder auf den Nikolaus. Er kommt auf Wunsch ins Haus, meistens begleitet vom Krampus. Die Kinder sehen diesem mit etwas gemischten Gefühlen gegenüber. In manchen Dörfern wird auch auch "Nigglasspiel" (Nikolausspiel) aufgeführt. Der Tod, der Bajazzo, das Mandl und der Gendarm sind die Hauptfiguren.

In den Rauhnächten - Vorabend von Weihnachten (Hl. Abend), Neujahr (Silvester) und Drei König - räuchert der Hausherr das ganze Haus mit dem Brande geweihter Kräuter.

Am Neujahrestag hallt das fröhliche "Neujahrschreien" der Kinder durch das Tal. Sie ziehen von Haus zu Haus und rufen ("schreien") folgenden Spruch: "Wir wünsch'n enk a glückselig's freud´nreiches neu's Jahr, Glück und Seg'n s'ganze Jahr"!

Berge
Berge bei St. Jakob

Am Palmsonntag können die Buben ihre Kräfte beweisen, wenn sie die großen Palmbesen zur Kirche tragen. Manche haben 3 - 6 Palmbuschen auf einer Stange. Diese werden geweiht und nach dem Gottesdienst zum Verkauf angeboten. Die Buschen werden zu Hause aufbewahrt und bei starken Gewittern verbrannt, um vor Blitz und Hagel verschont zu bleiben. Wer am Palmsonntag als letzter aufsteht, ist der "Palmesel".

Am Ostersonntag werden die Speisen, die als erster Gang auf den Ostertisch kommen, in der Kirche geweiht. Es sind dies Eier, Wurst, Geselchtes und verschiedene Kräuter wie Kren u. a. m.

Zwischen Ostern und Pfingsten folgen der Bachsegen und die Bittgänge. Der bekannteste und längste Bittgang ist der zur Kornmutter nach Ehrenburg. Um Mitternacht des Christi-Himmelfahrts-Festes brechen Männer und Burschen zu ihrer rund 50 km langen Wallfahrt auf, wobei das berühmte Kruzifix von Heilig Geist voraus getragen wird. Um ca. 6 Uhr abends erreichen die Wallfahrer ihr Ziel. Gegen 3 Uhr früh am nächsten Tag treten sie den Heimweg an.

Am dritten Sonntag nach Pfingsten, dem Herz-Jesu-Sonntag, (1. Landesfeiertag in Tirol) werden zu Ehren des göttlichen Bundesherrn Feuer auf Bergen und Anhöhen entzündet. Diese Feuer lodern zum Zeichen für die Unlöslichkeit des Bundes, die unsere Vorfahren in höchster Kriegsnot mit dem Herzen Jesu geschlossen haben.

Am Hohen Frauentag - (15. August - 2. Landesfeiertag in Tirol) wird der Frauenbesen geweiht. Dieser besteht aus allerlei Kräutern und Blumen aus Feld und Garten. Er wird aufbewahrt und zum Schutz vor Gewittern verbrannt.

In allen Ortschaften des Tales (Luttach, Weissenbach, St. Johann, Steinhaus, St. Jakob, St. Peter und Prettau) wird der Kirchtag besonders groß gefeiert. Am Vorabend wird der "Kirchtagmichl", eine Strohpuppe mit Lederhosen, weißem Hemd und Hut auf dem Kopf, aufgestellt. Der Stamm, an dem er gebunden ist, ist bis zu 25 m hoch und der Stolz der Burschen des Dorfes. Es ist für sie eine große Ehre, den Baum ohne technische Hilfsmittel - etwa mit einem Kran - nur mit "Schärn" aufzustellen. Der Michlbaum muß natürlich bewacht werden - denn, welch eine Schande, wenn dieser gestohlen würde.

Interessant ist, dass es im nahen Kasern am 11. Oktober (St. Ursula), dem "Oberländer Kirchtag", eine weibliche Figur ist, ("die Usche"), die das gleiche "Schicksal" erleidet wie der Michl.

Der Almabtrieb von Ende September bis Ende Oktober ist für die Bauern ein besonderes Ereignis. Schon einige Tage vorher werden Krapfen und Topfnudeln gebacken. Die Topfnudeln sind rund, fast nußgroß und mit Butter durchtränkt. Meistens ist es ein Samstag, an dem das Vieh von den Almen heimwärts zieht. Da ziehen große Herden von Rindern - voran die schönste Kuh mit dem kunstvollen Kranz aus Spiegeln, Metallblumen und -ranken, sowie reichlich anderem Zierat.

Hinter ihr der Kranzkuhtreiber, der sichtlich stolz auf seine Aufgabe ist. Dahinter folgt die übrige Herde und der Senner. Den Abschluß bildet der Bauer, der auf seinem Wagen sitzt. Er reicht den vielen Schaulustigen einen Schluck Schnaps, Topfnudeln und Graukäse.

Am Abend wird gefeiert. Da kommen Nachbarn und Bekannte zum "Kiehkemma", zum Viehanschauen und zum Hoamgart. Da werden Erlebnisse vom Almabtrieb bis in die kleinste Kleinigkeit erzählt und die Bäuerin serviert Graukäse, Topfnudeln, Krapfen, Wein und Schnaps.

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